Korrekturlese 2 – Tipps zur Rechtschreibung

 

Drohgebärden

Das Komma kommt in vielen Fällen als Verständnishilfe zum Tragen. Beispiel:
„Julitta drohte, die Familie zu verlassen.“
Das Komma ist hier zwar freigestellt, doch die Verwendung verhindert Missverständnisse, wie das Folgende belegt:
1 „Herbert drohte, vom Balkon zu stürzen.“
2 „Herbert drohte vom Balkon zu stürzen.“
In Satz 1 hat Herbert Selbstmordabsichten. In Satz 2 ist „drohen“ in der Bedeutung „Gefahr laufen“ verwendet und das Komma entfällt, genauso wie bei den ebenfalls etwas altmodischen Verben vermögen, verstehen und wissen (im Sinne von können) und suchen (im Sinne von versuchen):
„Sie verstand mit Zahlen umzugehen.“
Auch das Julitta-Beispiel ist ohne Komma denkbar, vgl. Erläuterung zu Satz 2.

 

Achtung, Mehrzahl!

Erscheinen in einem Satz mehrere Dinge, auf die sich dasselbe Verb bezieht, kommt es manchmal zu Schwierigkeiten, zum Beispiel hier:
„Blitz und Donner machte den Wochenendausflug zunichte.“
Es sind hier zwei, die sich in die Freizeitplanung eingemischt haben. Das Verb sollte sich danach richten und ebenfalls zur Mehrzahl wechseln:
„Blitz und Donner machten ... zunichte.“

Bei komplexeren Sätzen wird der Sinn dieser Empfehlung deutlicher:
„In der Talkshow redete sich der Politiker, der soeben zurückgetreten war, und sein Kontrahent um Kopf und Kragen. Das Thema der Diskussion war Bildung und Rente.“
Haben Sie es gefunden?
Da hier zwei Politiker dasselbe tun, muss das Verb in den Plural: redeten statt redete.
Zudem sind zwei Bereiche Diskussionsthema, folglich ist richtig: waren statt war.

In diesem Rechtschreibkapitel, fachsprachlich Kongruenz im Numerus genannt, gibt es viele Spezialfälle. Hier nur zwei, ganz kurz erläutert:

1 „Alle Schüler hoben die Hand“ – hoben Mehrzahl, Hand Einzahl, im Sinne von „Jeder hob eine Hand“.
2 „Es gratuliert: Rosi mit Anhang“ – gratuliert Einzahl, denn nicht Rosi und Anhang sind gemeint, sondern die eine Rosi, der der Rest der Familie sozusagen anhaftet.

 

Gästelisten (Die Apposition)

1. Onkel Herbert, der Bruder meiner Mutter, Oma Karla, die Mutter meines Vaters, und Lotti, meine Cousine.

2. Onkel Herbert, der Bruder meiner Mutter, Oma Karla, die Mutter meines Vaters und Lotti, meine Cousine.

> Was meinen Sie: Wie viele Gäste sind je Satz gemeint?

Zu 1.: Herbert, Karla und Lotti. – „der Bruder meiner Mutter“ bildet hier eine sogenannte Apposition, auch nachgestellter Beisatz genannt, der die vor dem Komma genannten Substantive („Onkel Herbert“) näher bestimmt. Dasselbe gilt für Oma Karla und ihre Apposition. Diese muss trotz des folgenden „und“ durch Komma abgetrennt werden. Lotti ist das letzte Glied der dreiteiligen Aufzählung und muss daher durch „und“ verbunden werden. Lotti ist per Apposition auch Cousine.

Man kann aber auch zu einer anderen Personenzahl kommen: Herbert, ein namenloser weiterer Onkel, Karla und Lotti. – Es könnte also auch eine Aufzählung aus vier Personen sein.

Zu 2.: Herbert, Karla, eine namenlose Großtante und Lotti. – Für Herbert und Lotti gilt dasselbe wie in 1., doch nach der „Mutter meines Vaters“ folgt kein Komma, es handelt sich also nicht um eine Apposition zur Oma, sondern um eine eigenständige Person.

Auch hier gibt es eine Variante:
Herbert, ein namenloser weiterer Onkel, Karla, eine namenlose Großtante und Lotti. – Damit wären wir bei fünf Personen. Mehr geht nicht mehr, denn zusammen mit den Gastgebern ist der Tisch jetzt voll besetzt.

 

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