Zum unterfränkischen Dialekt

 

Woorhaid

Die Wahrheit, in der Überschrift noch relativ deutlich zu erkennen und so geschrieben, wie man es im Würzburger Raum hört, wird ja gerne verschleiert. In Unterfranken dagegen sagt man sie gern gradnaus, doch hat sie dort viele Gesichter. So gibt es eine Gegend in Westunterfranken, die die „Wuuered“ kennt (das erste e immer unbetont, es dient der besseren Aussprache). Zwischen Aschaffenburg und Schweinfurt sowie im Rhöner Dialekt gibt es die „Woored“, mehr im Süden die „Waared“ und zwischendrin die „Woered“.
Gibt es nicht zu denken, dass jede Region ihre eigene Wahrheit kennt? Hat die Wahrheit überhaupt ein eindeutiges Gesicht? In Unterfranken haben alle Wahrheitsvarianten immerhin eine gemeinsame Wurzel, das alt- und mittelhochdeutsche „wârheit“.

 

helf

Gegenseitige Hilfe soll es auch zwischen Unternehmen geben, in der Regel jedoch, um je für sich einen Vorteil zu erlangen. Dem gesamten unterfränkischen Norden ist das Helfen offenbar so wichtig, dass das Verb nachdrücklich formuliert wird, nämlich als „gehelf“ – allerdings nur, wenn es mit dem sogenannten Modalverb „können“ verbunden ist: „Konnst mer amol gehelf?“, „Du konnst derre doch aa amol gehelf!“.
Dieser Gebrauch findet sich auch in Südthüringen, wo das ostfränkische Hennebergisch gesprochen wird, und sogar noch im Norden Thüringens.
In Würzburg macht man nicht viel Federlesens ums Helfen und sagt „Ich konnt denne glei helf“.

 

Bröseli, Brösseli

Die „Brosame“, die vom Tisch der Wohlhabenden gnädigerweise oder durch Unachtsamkeit abfällt für die, die aus eigener Kraft nicht genug erwirtschaften können, heißt in Unterfranken Bröseli oder Brösseli. Das -i ist hier zunächst nicht der fränkische Hinweis auf den Plural, sondern eine Verkleinerungsform. Die Verkleinerung ist hier sogar doppelt, denn bereits Brösel ist eine (spät-)mittelalterliche Verkleinerung von Brosame.
Bröseli wird aber vor allem für die Mehrzahl verwendet, das -i hat dann doppelte Funktion: Verkleinerung und Plural („Do lieche Bröseli aufm Boode“). Geläufig ist in vielen Gegenden auch die Form Bröselich, was meiner Beobachtung nach die Krumen noch liebevoller betrachtet („Jetz schleggsd no die Bröselich vom Dellr“).
In Unterfranken gibt es auch die ganz normale Form Brösel, sowohl für Ein- als auch Mehrzahl.
Wo der strenge Begriff Brosame durch Bröselich ersetzt wird, ist sicher genug für alle da!

 

Weadschoffd

Der Wirtschaft kommen hier drei Bedeutungen zu.
– Das Gasthaus: „Hopp, gemma nei dea Weadschoffd!“
– Der Haushalt, aber eher negativ besetzt: „Des it a gräöüßliche Weadschoffd dou!“, vgl. nächster Punkt
– Alles, was nicht so ganz in Ordnung, unordentlich ist: „Dia hom a Weadschoffd beinonnr!“, was besagt, dass bei den Gemeinten alles drunter und drüber geht.
Welche Definition wohl am ehesten Aufschlüsse zu unserer heutigen Marktwirtschaft gibt?

 

Abbodeege

Auch: Abbodeech. Manche Geschäfte haben eine Preispolitik, die der von Apotheken gleicht. Das findet man auch in Unterfranken: „Wos isn des füra Abbodeech?“ Auch ein großes Würzburger Kaufhaus wird manchmal als Abbodeege bezeichnet. Pseudofränkisch dagegen ist die Bezeichnung Käffhäff für ebenjenes Haus.

 

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Q: Handwörterbuch von Bayerisch-Franken, Bamberg 2007; König u.a.: Kleiner Unterfränkischer Sprachatlas, Heidelberg 2007; Etymologisches Wörterbuch des Deutschen, München 1995; alltäglicher Sprachgebrauch.